Topgolf Wien: viel American Way of Life zwischen Angry Birds und Longest Drive

Ein paar Kilometer südlich der Wiener Stadtgrenze hat Ende Jänner eine Topgolf-Anlage eröffnet. In über 100 Bays (Abschlagnischen) können bei lauter Musik jeweils sechs Leute Golfbälle auf ein 220 Meter langes, beleuchtetes Feld schlagen und sich dafür witzige Spielvarianten aussuchen. Mit „richtigem Golf“ hat das nur am Rande zu tun, macht aber erstaunlicher Weise trotzdem Spaß.

Die 30 Meter hohen Pfosten für das Sicherheitsnetz, das die Spielfläche begrenzt, sehen wir schon von weithin, so richtig ins Staunen kommen wir dann am Parkplatz: Vor uns liegen drei taghell illuminierte Etagen, davor dunkelgrüner Rasenteppich, aus dem riesige, bunte Zielscheiben mit Flaggstöcken leuchten. Hier wurde geklotzt, nicht gekleckert. Der American Way of Life für Spaßgolf ist in Wien angekommen. Ich mag den ja nicht so sehr und nähere mich entsprechend skeptisch über die lange, mit Neonröhren blau markierte Rampe dem imposanten Eingang. Meine Golfschläger hätte ich bis hierher schon ein langes Par 5 weit tragen müssen – hab‘ ich aber nicht. Topgolf hat angeblich alles, was man für das Spiel braucht. Sehr praktisch für eine wichtige Zielgruppe, die der (Noch)Nichtgolfenden. Auch unser Vierer setzt sich passend für den Testlauf zusammen: unsere Tochter (Golferin), ihr Freund (hatte schon ein paar Mal einen Schläger in der Hand), mein nichtgolfender Mann und ich.

Beeindruckend gigantisch

Der Empfang ist herzlich, unsere Bay (so heißen die Abschlagboxen) sei im 3. Geschoss, man würde uns dort alles Weitere erklären. Im Erdgeschoss die braunlederne Sports Bar mit gigantischen Bildschirmen, auf denen Fußball, Schisport und Tennis parallel laufen. Ohne Ton freilich. Einen Stock darüber eine kleinere Bar. Draußen vor der Tür werden schon heftig Bälle geschlagen. Wir müssen noch eine Etage höher und landen vor einem schon sehr beeindruckenden Ausblick auf das tief unter uns liegende, beleuchtete Gelände, das ein bisschen an einen Flipperautomaten erinnert. Ein Netz schützt vor dem Abgrund, meine leichte Höhenangst schwindet. Es ist Anfang Februar, 16:30 Uhr, und fast dunkel. Unsere Bay besteht aus Abschlagmatte, Ballautomat, zwei Monitoren, Tisch mit Barhockern, ist hell erleuchtet und erfreulicher Weise durch mehrere Wärmelampen beheizt.

Wir bekommen eine Einweisung, die sich hauptsächlich auf den Check-in und die Bedienung des Monitors bezieht. Schläger stecken griffbereit daneben, links für Herren, rechts für Damen. Ich erkundige mich noch nach der Technik hinter dem ganzen Zauber. Einfach erklärt: Die Bälle sind mit Chips versehen, die in den Ziel-Gruben von mehreren Sensoren erfasst werden. Gemeinsam mit dem Toptracer-System, das wir von den blauen Bögen bei Golfübertragungen kennen, berechnet der Computer Ballflug, Ballgeschwindigkeit, Länge etc. Wir brauchen nur lässig mit dem Schlägerkopf auf den roten Sensor am Ballautomaten zu tippen, und schon kullert ein Golfball vor die Füße. Los geht’s!

Spiele, Drinks und kleine Burger

Wir probieren alle mal eine Weile herum, gewöhnen uns an die Schläger, ehe wir uns mit „Angry Birds“ das erste Spiel aussuchen. Es gilt, bunte Vögel in Gebäuden abzuschießen, die man sämtlich natürlich nur auf dem Monitor sieht. Die Fläche unter uns liegt weiterhin still da, mit mehreren beleuchteten verschiedenfarbigen Zielringen im Boden. Ich schlage mit dem 3er-Holz Richtung grünem Ring, auf dem Monitor stürzt eine ganze Burg in sich zusammen und ich kassiere 24.800 Punkte. Ich nippe erfreut an meinem Gin Tonic, den wir wie die Softdrinks und den Kaffee beim praktisch allgegenwärtigen Personal geordert haben. Besteck und Servietten sind auf dem Tisch. Zwischen den Spielzügen ist genügend Zeit, Pommes, kleine Burger, Cesars Salad und anderes American Food zu verzehren. Schließlich hat jeder jeweils fünf Schläge am Stück zu absolvieren, da wartet man zwischendurch schon eine kleine Weile, bis man wieder an der Reihe ist. Schlaues Konzept.

Wir wechseln zum Zielschießen bei „Block Party“, später dann zu „Top Shot“, weil uns nach der ganzen Präzisionsarbeit endlich nach Weite ist. Tochter und Freund dreschen ihre Bälle erfolgreich Richtung Netz, mein Mann hält sich wacker und trifft die naheliegenden Zielscheiben, was ihm ebenfalls Punkte beschert. Auf den Monitoren sprühen nur so die Gewinn-Funken, am Ende hat jeder von uns irgendwie ein Spiel gewonnen. Und: Es hat uns Allen tatsächlich Spaß gemacht!

Endlich so etwas wie „richtiges Golf“

Zwei Tage später sollte ich mit einer Gruppe des besten Golfmagazins zwischen Gramatneusiedl und Flensburg, SimplyGolf, noch einmal vor Ort sein. Wir hatten für 36 Leute sechs Bays organisiert – diesmal sämtlich Golfer:innen natürlich. Wir sind „das erste Event“, es herrscht Partystimmung. Leicht störrisch werden die Schläger getestet und für ausreichend befunden. Obwohl man mit den eigenen sicher viel besser…  Und dann schlagen Golfer:innen, die sonst indigniert die Brauen hochziehen, wenn jemand mit Papier raschelt, während sie den Ball ansprechen, bei dröhnend lauter Musik Bälle Richtung Netze. Es ist dabei klar im Vorteil, wer sich entspannt auf den Spielmodus einlässt und sich am raschesten damit anfreundet, Ziele nur auf dem Monitor zu haben und nicht vor sich auf der Wiese. Wir spielen eine Topgolf-Challenge über alle sechs Bays, auch das ist hier möglich.

So richtig gut wird die Laune aber, als wir nach unzähligen Schweinen, Vögeln und Kühen endlich in den Spielmodus „Virtual Courses“ schalten. Gleich mehrere Bays spielen jetzt selig die ersten Bahnen von Pebble Beach. Jaaa, DAMIT können wir Golfer:innen was anfangen! Mit Fairways, Bäumen, Wasser und Bunkern auf dem Bildschirm. Das kennen wir vom Indoor Golf, nur hat man bei Topgolf außer den Messdaten den Response deutlicher, weil der Ball tatsächlich fliegt. Und man bewegt sich an der berühmten frischen Luft, die gegen Abend hin noch etwas frischer wird. Aber Wärmelampen.

Mein ganz persönliches Fazit

Topgolf ist KEINE Range und KEINE Trainingsmöglichkeit. Topgolf ist etwas für eine nette Runde aus Golfer:innen und/oder Nichtgolfer:innen, die gemeinsam ein paar fröhliche Stunden verbringt. Die Bays sind für max. sechs Personen ausgelegt und können stundenweise gemietet werden. (Als Kundenwunsch „Lounge“ angeben, dann bekommst du vielleicht die gemütlichere Variante mit Couch statt Barhockern!) Golfschläger sind vorhanden, auch für Linkshänder:innen und Kinder. Vormittags wochentags ist günstiger als zB. Samstagabend. Abgerechnet werden Spiel und Konsumationen am Schluss pro Bay. Wer erstmals spielt, bezahlt außerdem € 6,- Topgolf-Mitgliedschaft. Dafür könne man auf Anlagen in Dubai spielen und in Las Vegas, erklärt man uns, was wir nicht vorhaben, aber gut. Die Gastronomie ist typisch amerikanisch. Essen kann man in der Bay oder in einer der SportBars im Erdgeschoss oder im 1. Stock. Im Sommer wahrscheinlich auch auf den Terrassen.

topgolfwien.com

Bombastisch auch das Entrée – rechts eine der Terrassen neben dem Brunner Badeteich
Die Sports Bar im Erdgeschoss. Screens, wohin man schaut. Statt Ton laute Musik.
Boah! Der 1. Ausblick beeindruckt, das Netz schützt auch den schwungvollsten Nichtgolfer vor dem Absturz aus der 3. Etage
Die Bays (Abschlagboxen) im sanften Rund der Anlage
Links Damen-, rechts Herrenschläger. Man kann aber auch das eigene Equipment mitbringen
2 Monitore pro Bay – einer zeigt zum Spieler, einer zum Tisch
Mit dem Schlägerkopf den Sensor angetippt, und schon rollt einem der Ball vor die Füße.
Die Snacks bleiben warm unter den Wärmelampen. Wir auch.

Zu ebener Erd‘ und im 1. Stock. Immer noch läuft kein Golf auf den Riesenscreens.
Noch ein Blick zurück in dunkler Nacht. Die Energiekosten möchte ich mir gar nicht ausmalen.

 

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