Etwa eine Stunde von Warna entfernt liegt an den hohen weißen Klippen am Schwarzen Meer der meisterliche 18-Loch-Kurs Thracian Cliffs. Von nahezu jedem Tee, jedem Fairway, jedem Grün genießt man atemberaubende Blicke, sollte aber auch mit kniffligen, schmalen Bahnen und ordentlichen Höhenunterschieden klarkommen. Doch wenn ihr mich fragt: Wer hier ausschließlich auf Score spielt, ist selbst schuld.
Das österreichische Pärchen im Hotel hat Thracian Cliffs schon gespielt. „Viele Bälle mitnehmen“, rät er mir. Meine neun Stück wären deutlich (!) zu wenig. Ein paar Stunden später hat mir der freundliche Herr 15 Lakeballs auf mein Zimmer schicken lassen und ich starte an einem herrlichen sonnigen, windstillen Novembertag frohgemut Richtung Klippengolf. Ich bin diesmal in einer Gruppe unterwegs und unser Minibus fährt die sehr steile Straße hinunter. Meeresrauschen, Windstille, Sonnenschein und eine Driving Range mit den ersten begehrten Ausblicken auf Klippen und Küste begrüßen uns. Nicht so das Clubhaus, in dem wir nach dem Einschlagen gern einen Kaffee zu uns genommen hätten. Geschlossen. Wie auch das ganze Thracian Cliffs Hotel, aber schließlich ist in ein paar Tagen Saisonende.
Zum Abgrund hängt, zum Abgrund drängt doch alles
Selbst jene, die ansonsten nicht sehr fotoaffin sind, zücken am 1. Tee das Handy. Saftig grüne Fairwaywellen liegen unter und vor uns, dahinter weiße Klippen und blaues Meer. Ebenfalls vor uns schlägt eine Gruppe Koreanerinnen von Weiß ab. Was ich nicht empfehlen würde: Für Damen ist Grün da und das ist gut so. Für jede Spielstärke gibt es Empfehlungen für den Abschlag, an die man sich besser hält – der Platz ist schwierig genug. Nicht wegen seiner Länge (5.700/4.480), sondern wegen der Topografie der Bahnen, die Golflegende Gary Player hier an den schmalen (sehr schmalen!) Küstenstreifen gebaut hat.
Auf den ersten Neun hat man das Meer rechter Hand. Fairways und Grüns tendieren klar in diese Richtung, Abkürzen über rechts ist selten eine kluge Lösung. Entweder lauern dort Bunker oder dichtes Gebüsch oder der Abgrund. Besser, manchmal Holz oder sogar Eisen zu greifen anstelle des Drivers und den Ball präzise in die gewünschten Landezonen spielen. Das herrliche Fairway macht lange Rolls möglich, die aber besser einkalkuliert werden, denn eben ist es hier kaum wo. Wunderschön liegt etwa die 3 unter uns oder das kurze Par 3 der 5 wieder leicht bergauf. Der koreanische Flight vor uns hat sich erwartungsgemäß mit den weißen Tees übernommen. Wir haben ausreichend Zeit, die Ausblicke zu genießen, überholen aber endlich doch, indem wir beim Cartfahren auf dem steilen Weg Richtung Tiefe punkten. Und dann stehen wir am Abschlag der 6, dem wohl meistfotografierten Par 3 des Platzes: 40 Meter hoch über dem Grün! Ein 8er-Eisen für mich – was für ein Genuss! Nicht einfach dann die 7, die erst mit scheinbar breiter Landezone für den Teeshot (viel Carry für die Herren nötig!) daherkommt, und dann sogleich einen äußerst präzisen Schlag auf das hochliegende Grün verlangt. Ich spiele trotz optischer Ablenkung sehr konzentriert, was sich bezahlt macht. Zwischendurch gibts Meeresrauschen und die gute Stimmung in unserer 3er-Gruppe zum Entspannen. Wir genießen alle den Tag, das unglaubliche Ambiente, pfeif auf schlechte Schläge.
Gelbes Buschwerk, grüne Fairways, blaues Meer
In entgegengesetzter Richtung geht es ab der 9, es bleibt aber praktisch windstill, was sicher kein Nachteil ist. Jetzt kommen vor allem für die Herren meist blinde Abschläge mit gut 130 Metern Carry über dichtes Buschwerk, das wunderschön herbstlich gelb leuchtet. Die grünen Damentees sind freundlicher positioniert, den Ball schlägt man trotzdem blind auf das Fairway. Roll nun nach links, klar. Einfach wow! der Blick auf das Par 4 der 12, sanft abwärts auf ein welliges Grün direkt am Meer. Die Koreanerinnen haben wir soweit abgehängt, dass wir nach dem Putten am Grünrand innehalten, tief einatmen und Sonne wie Ausblick genießen (Titelfoto). Für mich einer der schönsten Augenblicke meines Golflebens!
Blinder Abschlag, ein deutlich nach links hängendes Fairway, aber längenbringender Roll folgen auf der herrlichen 13, das kleine Grün weit unten direkt auf der Klippe. Etwas breiter die 14 mit herrlichem Klippenpanorama, danach ein kurzes Par 3, bei dem seltsamer Weise der Busch-Hang rechts eine Rolle spielt. Dieses Schicksal bleibt mir erspart, dafür irritiert mich eine scheinbar ewig lange Bunker-Gras-Zone bergauf am Tee der 16. Ich verliere meinen ersten Ball dort – eine gute Bilanz angesichts meiner 15 Sicherheitsbälle.
Ich mag ja Plätze mit wenigen Wasserhindernissen – Thracian Cliffs behält sich seine für die letzten Bahnen vor. Im Teich zwischen Hotel (dahinter), Driving Range (links) und Fairway Nr. 17 schwimmen attraktive Enten mit braunem Gefieder und lassen sich von schwirrenden Bällen nicht irritieren. Man hält sich rechts, kalkuliert den langen Roll ein, der Ball bleibt trocken. Auf dem Par 3 der 18 ist der selbe Teich frontales Wasser, für mich sind es 91 Meter auf das Grün, eine Länge, die ich mag. Von den Koreanerinnen hinter uns noch keine Spur.
Golfen zum Glück – oder nicht?
Wir sitzen ziemlich glückseelig im winzigen, aber gemütlichen Clubhaus, das jetzt doch geöffnet hat. Nicht ganz zufrieden der Singlehandicapper unserer Gruppe, dem der Platz zu viele blinde Abschläge und viel zu kleine Landezonen hat. Wir Anderen haben den Tag einfach nur genossen, und unsere WhatsApp-Gruppe war am Abend geflutet mit herrlich blau-grün-weißen Fotos und grinsenden Spieler:innen.
Mein persönliches Fazit
Für mich einer der schönsten Plätze Europas! Die Kombination aus wirklich spannendem Golf mit Landschaft & Meer ist einfach atemberaubend. Was sind dagegen ein paar verlorene Bälle!? Wer hier ausschließlich auf Score spielt, ist selbst schuld und lässt sich das einzigartige Gesamtpaket von Thracian Cliffs entgehen. Proshop und Clubhaus passen leider nicht ganz zum Renommé des Kurses. Buggy ist Pflicht (weite Wege!).
Keine Frage: Fliegt man zum Golfen nach Bulgarien, tut man das wegen Thracian Cliffs. Etwa 15 Minuten entfernt liegen aber noch zwei weitere Kurse: Lighthouse (am gleichnamigen Hotel) und der Gary-Player-Kurs BlackSeaRama.





















2 Kommentare zu „Bulgarien – Thracian Cliffs: grandioses Klippengolf mit Wow!-Faktor direkt am Schwarzen Meer“