Golfen „in der Freudenau“ – das machen seltsamerweise nicht Viele. Kaum jemand in meinem Golfer-Bekanntenkreis hat im Golf Club Wien schon einmal gespielt. Immer noch hält sich das Gerücht, das wäre nur Mitgliedern erlaubt. Dem ist aber längst nicht mehr so. Die Freudenau steht mindestens einmal im Jahr auf meinem Programm. Es ist einfach einer der schönsten Plätze, die ich kenne. Mein Tipp: Nichts wie hin.
Der Wind weht uns kräftig um die Ohren an diesem Juni-Dienstag. Dicke weiße Wolken ziehen tief über den Himmel und sorgen für ein dramatisches Licht-Schatten-Spiel auf dem Platz. Wir sind im ehrwürdigen Golf Club Wien, der fast zur Gänze innerhalb des Ovals der alten Galopp-Rennbahn in der Freudenau im Wiener Prater liegt. Nur die 1 und die 18 führen vom Clubhaus weg bzw. zu diesem zurück, dann quert man die Rennbahn (nicht ohne die diversen „Achtung-Pferde“-Warnschilder beachtet zu haben) und findet sich auf einem höchst interessanten Gelände wieder. Der Platz ist eine Mischung aus Parkland- und Links Course. Auf den ersten Löchern und zwischendurch wunderschöner alter Baumbestand, dann der typisch karge, grasbewachsene Boden wie in den Links an den Küsten. Auf den harten Fairways springen die Bälle nach der Landung noch fröhlich und rollen weit aus. Das ist bei langen Transportschlägen ein Vorteil, nicht aber in der Nähe der Grüns. Linkscoursetypisch säumen nämlich unzählige tiefe Bunker Fairways und umgeben die Grüns und sind aus der Ferne kaum zu erahnen. Der Blick ins Birdiebook lohnt bei der allerersten Runde allemal. Die Umgebung der Bunker ist mit grasigen Gefällen gebaut, sodass der Ball unweigerlich hineinrollt. Das ist gefährlich für den Score und auch wieder nicht: Die Freudenau hat nämlich den feinsten, fluffigsten Sand, den ich je gespielt habe. Hier gelingt das mit dem Sandpolster unter dem Ball ganz einfach – und zwar jedes Mal.
Mitten in der Rennbahn
Überhaupt der Pflegezustand. Ich muss aufpassen, dass ich nicht zu sehr ins Schwärmen komme. So akkurat wie hier die tiefgrünen Fairways gemäht sind, ist es auch das Semirough, sind es die Wege zwischen den Bahnen, die Umgebungen der Grüns. Wo nicht gemäht wird, geschieht das mit Absicht, um das hohe Gras stehen zu lassen, das schon mal als begrenzendes Rough ins Spiel kommt und das der Wind äußerst fotogen bewegt. Die Grüns sind glattgewalzt, aber wenigstens nicht allzu sehr onduliert. Seine Länge ist es nicht, die den Platz knifflig macht; mit ca. 5.700 Metern von Gelb und 5.130 von Rot ist er nicht allzu lang. Eher schon sind es die manchmal durch stehengelassene Hürden oder lediglich schmuckes Buschwerk bedingten schmalen Fairways und die kleinen, bei älteren Plätzen typischen, Grüns.
Was den Platz natürlich ganz außergewöhnlich macht, ist seine Lage mitten in der Rennbahn. Die Bahnen verlaufen trotzdem nur selten gegenläufig, bei den Grüns helfen aber unterschiedliche Flaggenfarben auf den Front bzw. Back Nine, damit man auch das richtige anspielt. Besonders nah an den schönen alten denkmalgeschützten, wenn auch etwas heruntergekommenen Rennbahn-Tribünen spielt man an der 8 entlang. Man hört mit ein wenig Phantasie fast das Keuchen vorbeigaloppierender Pferde bei einem Rennen. Heute findet natürlich keiner der immer seltener werdenden Bewerbe statt, sonst könnten wir hier nicht spielen. Nur ein einsamer Trabrennfahrer scheint sich aus der Krieau hierher verirrt zu haben (?) und zieht einsam seine Runden…
Die Sache mit der Tradition
Zügig haben wir unsere Runde gespielt und sind schon nach dreieinhalb Stunden auf der 18 Richtung Clubhaus unterwegs. Ich bin sicher, spätestens hier macht jeder, der den Platz zum ersten Mal spielt, ein Foto. Später geht man vorbei an den schönen alten Caddyboxen und dem Häuschen des Caddymasters. Sehr stilvoll alles, auch das Essen auf der Clubterrasse nach der Runde, wo man die 1 gut im Blick hat. Drinnen, in den lederbezogenen Clubfauteuils, die auf dicken Teppichen stehen, umgeben von Fotos jener Berühmtheiten (Nicklaus, Faldo, Ballesteros, Langer), die hier schon gespielt haben, wäre es genauso schön. Überhaupt: Hier atmet alles Tradition und nach wie vor braucht man immer noch Bürgen und ein wenig Kleingeld, will man hier Mitglied werden. Doch der Club scheint zu leben, je später es wird, umso mehr junge und sehr junge Menschen gehen auf die Runde oder üben auf dem Putting Green direkt vor der Terrasse.
Wochentags spielen
Wer also eine wirklich ungewöhnliche Runde auf einem der ältesten Plätze Österreichs (Der GC Wien bezeichnet sich selbst als „Austria’s 1st Golf Club“ und liegt damit seit Jahren im Clinch mit den GC Semmering und Achensee.) spielen will, ist hier auf jeden Fall richtig. Auch „herzlich willkommen“, wie der Club sogar ausdrücklich auf seiner Homepage vermerkt. Am Wochenende kann man hier nur in Begleitung eines Mitglieds spielen, wochentags aber immer. Einen Urlaubstag muss einem der Platz also schon Wert sein, 80 Euro kostet das Greenfee, was mehr als gerechtfertigt ist, wenn man mich fragt. Dafür bekommt man ein wirklich außergewöhnliches Golferlebnis auf einem der bestgepflegten Plätze Österreichs, mitten in der Großstadt Wien im wörtlich „Auengebiet, das Freude bereitet“.












Diese Begeisterung zu teilen, fällt mir schwer. Clubhaus und Terrasse sind schön, aber die „Freudenau“ als einen der schönsten Plätze zu bezeichnen, ist mehr als mutig und entspricht keinesfalls den Tatsachen.
Aber Gott sei Dank sind Geschmäcker verschieden.
Schönes Spiel.
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Ich kenne mittlerweile eine große Anzahl an Plätzen. Die Freudenau ist definitiv einer der am besten gepflegten, Topzustand, und einzigartig, was die Lage betrifft. Muss einem nicht gefallen, aber diese Kriterien sind objektivierbar.
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