Seit heute früh überträgt SKY Sport die erste Runde der HSBC Championship auf dem Abu Dhabi Golf Course und ich kann mir ansehen, wie Koepka, Schwab, Wiesberger, Fleetwood & Co bravourös jene Bahnen meistern, die ich seit kurzem auch kenne. Vor genau 14 Tagen spielte ich als Mitglied einer deutschen Reisegruppe zwei Runden auf dem praktisch geweihten Boden vor dem berühmten Falken-Clubhaus. Tourfeeling kam damals schon auf, nicht nur wegen des ungemähten Roughs, sondern auch wegen der Aufbauarbeiten, die rund um Silvester bereits voll im Gange waren.
Wow, dachte ich, als ich zum ersten Mal auf den Balkon unseres Zimmers im Westin Hotel ging und auf den unmittelbar davor liegenden Platz schaute: Rechts das auffällige Clubhaus mit dem Riesenfalken, das ich vom Fernsehen natürlich kannte, unter mir der Abschlag der 1, dazwischen die feinschattierten, akkurat gemähten Fairways der 9 und der 18 und an deren Rand die bereits aufgebauten Tribünen in Rot. Ein grandioser Blick, wäre da nicht die riesige Hochspannungsleitung, die praktisch hinter dem gesamten Platz vorbeiläuft. Aber so etwas blenden wir Golfer/innen gekonnt aus und konzentrieren uns auf das, was schön ist: den top gepflegten Golfplatz.
Genau 14 Tage vor Beginn des Turniers wird gehämmert und gebohrt, Transportfahrzeuge kurven um das Clubhaus, die riesige VIP-Lounge wird mittels Kran fertiggestellt, der ununterbrochen piepst. Wir treffen uns deshalb auch nicht auf der Clubhausterrasse, sondern drinnen, wo es ruhiger ist und ziemlich nobel. Im Pro Shop gäbe es die ersten Souvenirs zu kaufen, aber außer ein paar Bällen nehmen wir nichts mit. Die Preise für Kleidung und Zubehör sind exorbitant.
Dafür wird dir dein Bag direkt aus dem Hotel zum Clubhaus gebracht und dort inklusive Wasserflasche und Handtuch auf Trolley oder Cart gepackt, wenn du das möchtest. Natürlich gehe ich, kein Grund zu fahren auf dem völlig ebenen Platz, sieht man einmal von der stechenden Sonne und ambitionierten 26 Grad an diesem 2. Jännertag 2020 ab. Selbstverständlich gibt es einen Starter am ersten Abschlag, der uns an eine zügige Runde gemahnt, der Platz sei voll. Für das Rough, das erst kurz vor dem Turnier gemäht würde, entschuldigt er sich praktisch. Schon bald wissen wir, warum…
Rough, Rough und nochmals Rough
Die Qualität der Bahnen ist hervorragend. Die Fairways sind samtig wie Teppiche und intensiv grün, weil sie – auch jetzt am Vormittag – bewässert werden. Wie von Geisterhand schalten sich die Sprinkler ab, wenn wir uns ihnen auf Schlaglänge nähern. Ob wir beobachtet werden oder ob Sensoren dafür sorgen, finden wir nicht heraus. Tatsache ist, dass das Fairway schon nicht mehr feucht ist, wenn wir darauf spielen. Die Grüns präsentieren sich nicht ganz so schnell wie befürchtet, sind aber dermaßen onduliert, dass uns nicht langweilig wird, haha. Jene der Par 3 liegen ausnahmslos am Wasser und fallen natürlich genau dorthin ab. Gut vorstellbar, welche Fahnenpositionen an den Turniertagen gewählt werden, um die Spannung noch ein wenig zu erhöhen.
Wir haben es spannend genug. Dafür sorgt die Enge des Platzes. Die erkennt man nicht auf den ersten Blick, alles scheint großzügig, breit. Doch das Rough ist so gestaltet, dass es die Bahnen deutlich verengt und zum Teil richtig schmal macht. Präzise spielen heißt es, taktisch auch, sich genau überlegen, wo der Ball hin soll. Andererseits braucht es hier wirklich Länge, schließlich sind wir auf einem Championship Course und auch die Ladies Tees sind noch sehr weit weg vom Ziel (auch wenn die Herren im Flight zuweilen demonstrativ die Brauen hochziehen und was von „könnt ihr ja gleich ein Wedge nehmen“ murmeln).
Wüstenplatz
Genau deshalb macht der Platz aber auch Menschen Spaß, die ihr Geld nicht mit Golf verdienen und bloß eine schöne, würdevolle Runde gehen wollen. Mir, zum Beispiel. Ich habe noch nie zuvor einen Platz mitten in der Wüste gespielt. Die merkt man natürlich, nicht nur an der heißen Sonne und den Bewässerungsanlagen. Gleich hinter dem Out ist ein Zaun und dahinter das, was wir in Österreich „Gstettn“ nennen. Baumaterial, Container, Zelte stehen dort herum, wahrscheinlich bis zur nächsten Autobahn. Denn, das muss man sagen: Das ganze wunderbare Resort befindet sich mitten in einem riesigen Autobahnkreuz im Nirwana. Bis nach Abu Dhabi fährst du mit dem Taxi gut 20 Minuten, zum Meer oder den anderen beiden Golfplätzen auf Saadiyat und Yas Island fast 30. Das sollte einem bewusst sein, wenn man hier im Hotel wohnt. Andererseits: Man hat den Championship Course vor der Tür, einen weiteren 9-Loch-Platz und eine Driving Range, die dank Flutlicht auch nächtens genutzt werden kann.
Doch die Sonne geht um diese Jahreszeit ohnehin erst um 18 Uhr unter und steht jetzt im Zenit. Immerhin können wir an jedem Abschlag die Wasserflasche auffüllen, mobile Platzverpflegung gibt es außerdem und auch sogenannte Comfort Houses mit kleinen Ausgaben des Falken am Dach. An Personal wird hier nicht gespart, das merkt man am Service und natürlich an den Heerscharen von Greenkeepern jetzt vor dem Turnier. Sie baggern den grobkörnigen Sand, mit dem wir uns herumplagen, aus den Bunkern und füllen sie mit neuem, fluffigen. Sie roden die ohnehin kümmerliche Vegetation jenseits der Roughs, auf dass kein meisterlich verzogener Ball dort verloren gehen möge. Das Rough allerdings … wird eben erst zwei Tage vor dem Turnier geschnitten, damit es recht dicht und bösartig ist. Wir haben damit jetzt schon unsere liebe Mühe – alle, egal welcher Spielstärke. Der Ball ist aus den dicken Halmen, die (scheinbar?) auch noch gegen die Spielrichtung wachsen, kaum ordentlich ‚rauszukriegen.
Arenafeeling
Belohnt werden wir endlich auf der 9, wo erstmals direkt auf das berühmte Clubhaus zugespielt wird. Hier können wir uns vorstellen, wie es sein muss, von Tausenden Zuschauern auf den Tribünen empfangen zu werden. Heute applaudiert niemand (obwohl mir die 9 wirklich sehr gut gelingt! 😉 und es geht weiter auf die Back Nine, die landschaftlich schöner daherkommen, weil an den Rändern dichter bepflanzt. Hier sieht man auch weniger von den ansonsten omnipräsenten Strommasten. Denn das sei auch gesagt: Dieser Platz ist etwas für Golfpuristen. Wer Ambiente sucht, schöne Landschaft, ist in Saadiyat (siehe Link) oder auf Yas (demnächst zu lesen) besser aufgehoben.
Tolle Spielbahnen gibt es hier aber natürlich zuhauf. Die 12, ein kniffliges Par 3 über den Teich, die 14 am Wasser entlang, die 16, ein wunderbares Dogleg nach links, das die Tourspieler so ganz anders anlegen als ich… Hier schneiden ausgerechnet vor uns die Greenkeeper auch zum ersten Mal einen etwa einen Meter breiten First Cut ins Rough, sieben Zentimeter hoch und kompakt wie eine Bürste. Mein unmittelbarer Test verläuft ernüchternd.
Und dann: die berühmte 17, an der die Tribüne tatsächlich bis ans Vorgrün herangebaut wird, das sieht nicht nur im Fernsehen so aus. Bist du zu lang, prallt dein Ball gegen die Holzwand. Durch den „Gladiatoren-Gang“ geht’s für die Tourspieler weiter zur 18 wieder zurück zum Clubhaus. Das Wasser rechts kommt für uns erst beim zweiten Schlag ins Spiel, vor dem Grün ist rechts spielen auch keine gute Idee, weil dort eigentlich nur Bunker sind. Links liegt die VIP-Lounge, vor uns die Clubhausterrasse – gut vorstellbar, wie die Menge tobt, wenn am 19. Jänner der letzte Putt fällt. Jetzt allerdings sind die Tribünen leer und niemand bejubelt mich, als ich meine Runde am Abu Dhabi Golf Course mit einem schönen langen Putt und immerhin einem Bogey beende…
Lies bitte auch Saadiyat Beach Golf














2 Kommentare zu „Winter in Abu Dhabi, Teil 2: Abu Dhabi Golf Course – 14 Tage vor der European Tour“