Direkt unter dem beeindruckenden Schlern liegt auf 900 Metern Seehöhe ein Golfplatz, der einem konditionell wie spielerisch alles abverlangt: St. Vigil Seis. Belohnt wird die Mühe allerdings durch einzigartige Ausblicke in die umgebende Landschaft und eine hervorragende Clubgastronomie nach der Runde.
Schon der Weg zum Clubhaus und auf die einzusehenden Spielbahnen 1 und 18 lässt es ahnen, hier sind Höhenmeter zu machen: Unzählige Carts stehen für die Golfenden bereit, aber nicht für mich. Ich beschließe zu gehen, mit e-Trolley selbstverständlich. Mit mir im Flight der Seiser Hotelier Simon und Kurt aus der Pfalz. Sie nehmen mich freundlichst auf und ihre Platzkenntnis soll mir später auch helfen.
Schon auf den ersten Löchern geht es bergab – bergauf – bergauf – bergab. Die Bahnen des Par 69-Kurses sind wenigstens nicht allzu lang, wenn auch gespickt mit allerlei Unbill: welligen Fairways, tiefen Bunkern vor den Grüns, Schluchten mit rauschenden Wildbächen, Schräglagen. Ein Platz, wie ich ihn liebe, das wird mir schon bald klar. Auch wenn man keine Monsterlängen hat, kann man hier mit Strategie und präzisen Schlägen einiges wettmachen.
Besser strategisch spielen als Draufhauen
Simon und Kurt nehmen nur selten den Driver aus dem Bag. Vor allem von den Herrenabschlägen ist es auch auf den Par 4 sinnvoller, die Bälle gut ins Spiel, soll heißen auf das Fairway zu bringen. Auf der 4 stehen wir dann vor einem wunderbaren Par 3 steil bergab über die Ache. Das Grün scheint winzig da unten, rechts der Felsen, davor der Bach, links der Abgrund. Auf der 5 geht es wieder bergauf, vom Tee ist eine Schlucht zu überspielen, aber die beiden Herren sagen: „Die ist nur optisch ein Problem.“ Das stimmt offensichtlich, wir schaffen es alle locker hinüber auf das Fairway, auch wenn mich das rauschende Wasser unter mir leicht nervös macht.
Der e-Trolley bewährt sich, die Bahnen verlaufen weiterhin einmal rauf und einmal runter. Das Par 3 der 8 scheint einfach, weil gerade bergab, sieht man von den Bunkern vor dem Grün ab. Ihnen weiche ich aus, mein Ball landet aber in einer der tiefen Mulden und bleibt liegen. Die 9 schließt die ersten Löcher mit einem Dogleg, zwei mächtige Bäume erschweren den zweiten Schlag Richtung Grün, das unter dem Clubhaus liegt.
Besser konzentrieren als den Ausblick genießen
Über relativ steile Serpentinen muss man hinauf zur 10. Durch einen schmalen Korridor aus Wald rechts und Felsen links schlagen die Herren ab, Damen haben es etwas leichter von vorne. Ob wir jetzt endlich den höchsten Punkt des Platzes erreicht hätten, keuche ich am Abschlag, aber Simon sagt, da ginge noch was…
Und es ist ja einfach wunderbar, das Spiel hier! Die 11, zum Beispiel, wieder ein Par 3 steil bergab, wo du dich besser links hältst, weil der Ball rechts ziemlich schnell ins abgrundtiefe Aus rollt. Ich treffe tatsächlich das Grün und gehe mit einem Par zur 12 (hinauf natürlich). Atemberaubender Ausblick in die Landschaft. Hier vergisst man fast aufs Golfen, so schön ist es! So gehe es ihm auch, sagt der Kurt, der seit 11 Jahren immer wieder hierher kommt. Heute spielt er aber besonders gut.
Ich bin auch nicht so schlecht unterwegs, obwohl ich langsam merke, dass ich sehr viel Kraft brauche und die ungewohnte Höhenluft spüre. Die 13 versemmle ich komplett, dort ist aber auch so gar kein Platz, das Fairway eng und schief. Aber schon auf dem Grün habe ich die Mühsal vergessen und genieße den Blick auf das Örtchen Seis, das seit den 1970er-Jahren, als ich mir meinen Eltern dort war, ziemlich angewachsen ist.
Anstrengendes Finish
Kurt und Simon, beide an die Höhe gewöhnt, spielen unbeeindruckt, erzählen mir aber jetzt schon von der 15, die angeblich das steilste Loch in Europa ist. Die Höhenmeter wissen sie nicht, aber als wir am Abschlag stehen, sehe ich, was sie meinen: Wer Höhenangst hat, teet besser nicht ganz vorne auf. Unten liegt winzig klein eine Kirche, die 183 bzw. 155 Meter auf das Grün sind deutlich kürzer, also Aufpassen bei der Schlägerwahl!
Auf der 16 (bergauf, klar) lässt meine Kondition nach und meine Konzentration auch. Das gehe hier vielen so, sagt Simon, die 16 wäre das am schlechtesten gespielte Loch des Platzes, hätte man bei Turnieren herausgefunden. Ihr Grün liegt versteckt im Wald. Jetzt noch die 17 runter (ich habe mich wieder gefangen), ehe die 18 bergauf zum Clubhaus führt. Ein wirklich giftiges Grün mit mehreren Etagen fordert uns noch einmal.
Unbedingt essen!
„Reschpekt“ sagt der Kellner auf der wunderbaren Terrasse, als er hört, ich wäre den Platz gegangen. „Das machen nicht viele Greenfeespieler.“ Was sie aber machen sollten: hier essen! Es wird ausgezeichnet gekocht, Südtiroler Speisen mit italienischem Einschlag aus regionalen Zutaten, und selbstverständlich sind auch die Weine ausgezeichnet. Wir trinken ein Fläschchen, weil Kurt ein Birdie gespielt hat. Ich habe ja nicht weit heim: Zum Restaurant gehört das Golfhotel Sonne*** direkt am Platz.
Ein wunderschöner Waldplatz gleich in der Nähe ist übrigens der GC Petersberg.
















Danke Andrea, was für ein wunderbarer Bericht. Hast mir so richtig Gusto auf den Platz gemacht.
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Freut mich! Demnächst kommt noch einer…
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